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Fachmarktzentren in Deutschland: Immobilienwirtschaft im Spannungsfeld sinkender Verkaufspreise und steigender Baukosten


Von Frederik Molineus


Die Fachmarktzentren in Deutschland stehen seit Januar 2022 vor erheblichen Herausforderungen. Die Rahmenbedingungen haben sich durch gesunkene Verkaufspreise bei gleichzeitig gestiegenen Baukosten und Bauzinsen deutlich verändert.


Ausgangslage im Januar 2022: Solide Nachfrage trifft auf stabile Preise


Zu Beginn des Jahres 2022 waren Fachmarktzentren eine gefragte Anlageklasse. Die Nachfrage nach Immobilien, die auf den täglichen Bedarf ausgerichtet sind, blieb trotz der COVID-19-Pandemie hoch. Die Verkaufspreise spiegelten diese Nachfrage wider und lagen auf einem stabilen Niveau. Investoren schätzten die vergleichsweise sicheren Renditen und die Resilienz dieses Segments gegenüber konjunkturellen Schwankungen.


Steigende Baukosten belasten Projektkalkulationen


Im Laufe des Jahres 2022 und bis Oktober 2023 kam es zu einem signifikanten Anstieg der Baukosten. Ursachen hierfür waren gestiegene Preise für Baumaterialien wie Stahl, Beton und Holz sowie höhere Energiekosten. Globale Lieferkettenprobleme und Rohstoffknappheit verschärften die Situation zusätzlich. Für die Immobilienwirtschaft bedeutete dies, dass die Kalkulation neuer Projekte zunehmend unter Druck geriet. Die Margen schrumpften, und manche Vorhaben wurden auf Eis gelegt oder verzögert.


Erhöhte Bauzinsen erschweren Finanzierungen


Parallel zu den steigenden Baukosten erhöhten sich die Bauzinsen spürbar. Die Europäische Zentralbank reagierte auf die allgemeine Inflation mit mehreren Zinserhöhungen. Diese geldpolitischen Maßnahmen führten zu höheren Finanzierungskosten für Immobilienprojekte. Entwickler mussten nun nicht nur mit teureren Baukosten, sondern auch mit teureren Krediten rechnen. Die gestiegenen Zinsen wirkten sich direkt auf die Rentabilität von Projekten aus und erschwerten die Finanzierungsbedingungen.


Sinkende Verkaufspreise setzen zusätzliche Anreize für Käufer, aber belasten Verkäufer


Während die Kosten für Entwicklung und Bau stiegen, gerieten die Verkaufspreise für Fachmarktzentren unter Druck. Investoren wurden vorsichtiger, beeinflusst von wirtschaftlichen Unsicherheiten und gestiegener Attraktivität von liquiden Investmentmöglichkeiten. Die Renditeerwartungen der Investoren erhöhten sich, was zu niedrigeren Angebotspreisen führte. Für Verkäufer bedeutete dies, dass die erzielbaren Preise nicht mehr die gestiegenen Kosten widerspiegelten, wodurch die Profitabilität sank.


Die Rolle der Einzelhandelsmieter: Stabilitätsanker in turbulenten Zeiten


Ein entscheidender Faktor für die Attraktivität und Wertbeständigkeit von Fachmarktzentren sind die Einzelhandelsmieter, insbesondere Lebensmittelhändler wie Aldi, Lidl, Edeka und Rewe. Diese Unternehmen gelten als systemrelevant und zeichnen sich durch eine hohe Bonität und langfristige Mietverträge aus. Ihre Präsenz in einem Fachmarktzentrum erhöht die Frequenz und fungiert als Kundenmagnet für weitere Mieter.


Die Präsenz dieser Einzelhandelsriesen mindert das Risiko von Mietausfällen und erhöht die Stabilität der Einnahmen für Investoren. Sie sind oft bereit, höhere Mieten zu zahlen, wenn die Standortqualität und die Kundenfrequenz stimmen. Allerdings verfügen sie auch über starke Verhandlungsmacht und können vorteilhafte Mietkonditionen fordern, was die Rendite für Vermieter beeinflussen kann.


Auswirkungen auf den Investmentmarkt


Die großen Einzelhandelsmieter tragen dazu bei, dass Fachmarktzentren trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten für Investoren attraktiv bleiben, jedoch mit deutlichen Preisnachlässen von bis zu 15%.


Investoren, Mieter und Entwickler müssen die Balance finden zwischen den Anforderungen der Mieter und der Wirtschaftlichkeit des Projekts. Hohe Baukosten und gestiegene Finanzierungskosten können nicht immer vollständig durch höhere Mieteinnahmen kompensiert werden. Hier sind innovative Konzepte und effiziente Bauweisen gefragt, um Projekte rentabel zu gestalten.


Strategien der Immobilienwirtschaft zur Bewältigung der Herausforderungen


Angesichts dieser Entwicklungen ergriff die Immobilienwirtschaft verschiedene Maßnahmen:


- Partnerschaften mit Mietern: Engere Zusammenarbeit mit Einzelhandelsmietern, um deren Anforderungen frühzeitig in die Planung einzubeziehen und langfristige Mietverträge mit selbstbewussten Mieten zu sichern.

- Kosteneinsparungen durch Effizienzsteigerungen: Entwickler setzen auf optimierte Bauprozesse und prüfen alternative Materialien und Bauweisen, um Kosten zu senken.

- Nachhaltigkeit als Werttreiber: Investitionen in energieeffiziente Technologien und nachhaltige Gebäudekonzepte erhöhen die Attraktivität für Mieter und können langfristig Betriebskosten senken.

- Diversifizierung des Mietermixes: Ergänzung des Angebots durch Dienstleister, Gastronomie und Freizeitangebote, um die Abhängigkeit von einzelnen Mietern zu reduzieren und zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen.


Ausblick auf Januar 2024


Während konkrete Daten für Januar 2024 noch nicht vorliegen, deuten die bisherigen Trends darauf hin, dass die Rolle der großen Einzelhandelsmieter weiterhin zentral für die Stabilität von Fachmarktzentren sein wird. Die Immobilienwirtschaft muss jedoch flexibel bleiben, um auf die Herausforderungen steigender Kosten und veränderter Marktbedingungen reagieren zu können.


Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Flächen in Fachmarktzentren durch Lebensmittelhändler stabil bleibt oder sogar zunimmt, da diese ihre Netze weiter ausbauen und modernisieren möchten. Die Herausforderung wird darin bestehen, Projekte so zu gestalten, dass sie sowohl für Mieter, Investoren und besonders Entwickler wirtschaftlich attraktiv sind.


Fazit


Zwischen Januar 2022 und Januar 2024 bewegen sich Fachmarktzentren in Deutschland in einem komplexen Spannungsfeld. Sinkende Verkaufspreise treffen auf steigende Baukosten und Bauzinsen, was die Rentabilität beeinflusst. Die großen Einzelhandelsmieter wie Aldi, Lidl, Edeka und Rewe spielen dabei eine entscheidende Rolle als Stabilitätsanker und Frequenzbringer.


Die Immobilienwirtschaft ist gefordert, innovative Lösungen zu finden, um diese Herausforderungen zu meistern. Durch effiziente Bauweisen, nachhaltige Konzepte und enge Partnerschaften mit Mietern können Entwickler und Investoren die Attraktivität und Wirtschaftlichkeit von Fachmarktzentren sichern. Die kommenden Monate werden zeigen, wie erfolgreich diese Strategien sind und welche Auswirkungen sie auf den Markt haben werden.


Klar ist, dass Fachmarktzentren weiterhin ein wichtiger Bestandteil der deutschen Einzelhandelslandschaft bleiben. Die Fähigkeit, sich an veränderte Bedingungen anzupassen und die Zusammenarbeit zwischen Immobilienwirtschaft und Einzelhandelsmietern zu stärken, wird entscheidend für den zukünftigen Erfolg dieser Immobilienklasse sein.

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